Saison 1999/2000: Konzert 1
Italienischer Barock
Werke von Arcangelo Corelli, Carlo Tessarini, Giuseppe Sammartini, Francesco Durante, Antonio Vivaldi Cordula Breuer – Blockflöte Andrea Keller, Sylvie Kraus – Violine Werner Matzke – Violoncello Concerto Köln Sendung: Deutschlandfunk 21.09.1999"Unbequem und angriffslustig, nervig und brillant, affektfreudig und vor allem hinreißend spontan" - mit diesen Prädikaten bedenkt die Laudatio des 1995 an Concerto Köln verliehenen Kritikerpreises den Musizierstil des 1985 um seinen Konzertmeister Werner Ehrhardt gegründeten Orchesters. Das Programm von Concerto Köln zeigt ausgewählte Kompositionen führender italienischer Komponisten der europäischen Avantgarde der Orchestermusik des 18. Jahrhunderts.
Programmfolge
Arcangelo Corelli (1653-1713)
Concerto grosso D-Dur op. 6,4 für 2 Violinen, Violoncello, Streicher
und Basso continuo
Adagio-Allegro, Adagio-Vivace, Allegro-Allegro
Carlo Tessarini (1690-1766)
"Grand Ouverture" F-Dur op. 19,2
Vivace, Logubre, Allegro
Giuseppe Sammartini (1695-1750)
Concerto F-Dur für Blockflöte, Streicher und Basso continuo
Allegro, Siciliano, Allegro assai
PAUSE
Francesco Durante (1684-1755)
Concerto Nr. 1 f-Moll für Streicher und Basso continuo
Poco andante-Allegro, Andante, Amoroso, Allegro
Antonio Vivaldi (1678-1741)
Concerto Nr 11 d-Moll aus "L'estro armonico" op. 3 für 2 Violinen,
Violoncello, Streicher und Basso continuo
Allegro, Andante e spiccato, Allegro, Largo e spiccato, Allegro
Zu dieser Aufführung
Als wir Concerto Köln im Jahr 1985 gründeten, stand uns als
wesentliches programmatisches Ziel die Beschäftigung mit den
Ursprüngen der sinfonischen Musik im 17. und 18. Jahrhundert vor Augen.
Das bedeutete - und bedeutet noch immer - die Auseinandersetzung mit einem
der elementarsten Phänomene in der Geschichte der Instrumentalmusik,
das seinen Anfang in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Italien
nahm: im Concerto grosso und in der Sinfonia, dem Vorspiel zu Opern und
Oratorien.
In den letzten Jahren haben wir das, was sich aus diesen Anfängen
entwickelte, bis ins 19. Jahrhundert hinein am Repertoire verschiedenster
Musikzentren interpretatorisch beleuchtet. Dabei ergab sich oft die Gelegenheit,
dem Publikum neben den bekannten Meisterwerken auch eine Reihe von Komponisten
und qualitativ hochrangigen Werken vorzustellen, die im Laufe der Musikgeschichte
zu Unrecht in Vergessenheit geraten waren.
In dieser Richtung zu arbeiten, besteht weiterhin Handlungsbedarf. Und das
betrifft auch das Schaffen mancher seinerzeit europaweit berühmter
Komponisten aus dem Mutterland von Concerto und Sinfonia. Daher möchte
das heutige Konzert in einer Mischung aus Bekanntem und Unbekanntem
kaleidoskopartig den sinfonischen Impuls ins Blickfeld rücken, den
italienische Musik in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts besitzen
konnte.
Dieser Impuls spricht aus den legendären Concerti grossi op. 6 von Corelli,
die in ihrer strukturellen Klarheit die sinfonisch-großbesetzte
römische Aufführungspraxis widerspiegeln und den Zeitgenossen zu
klassischen Exempeln dienten. Er spricht aber ebenso aus Vivaldis Sammlung
"L'Estro armonico" op. 3: In diesen Konzerten führt der Venezianer
erfolgreich neue Lösungen vor, die musikalischen Episoden der Solisten
und des Gesamtensembles in einen weiträumig disponierten, einheitlichen
Satzverlauf zu integrieren.
Auf diesen Grundideen basieren auch die heute vorgestellten Werke von Tessarini,
Sammartini und Durante. Doch sie führen darüber hinaus: Bei Tessarini
finden Corellis und Vivaldis Kompositionsprinzipien zu einer neuartigen
Großflächigkeit in Form und Struktur, die diesen Norditaliener
als einen Protagonisten der Frühklassik ausweisen; Sammartini folgt
zwar auf den ersten Blick einem barocken Standard, wenn er in seinem
Blockflötenkonzert das bekannte Form-Muster Vivaldis aufgreift, doch
ist das Werk schon von melodisch und harmonisch weichzeichnenden Galanterien
reichhaltig durchsetzt; Durante schließlich zeigt eine ganz besondere
Raffinesse in der Bandbreite seiner harmonisch und kontrapunktisch dichten
Arbeit, da er sich gleichzeitig einer neuen Empfindsamkeit der Tonsprache
zuwendet, wie sie sich heute vor allem mit dem Namen seines Schülers
Giovanni Battista Pergolesi verbindet.
Im heutigen Konzert soll also der Reiz des Kontrastes zum Tragen kommen,
der die Zusammenstellung dieser historisch und auch geografisch in großer
Nähe und gleichzeitig künstlerisch doch in bedeutender, individueller
Distanz zueinander entstandenen Instrumentalwerke auszeichnet. Eine weitere
Etappe auf unserer interpretatorischen Entdeckungsreise, und sicher nicht
die letzte.
Mitwirkende
Concerto Köln spielt heute in folgender Besetzung
Cordula Breuer - Blockflöte
Andrea Keller, Jörg Buschhaus, Stephan Sänger - Violine 1
Sylvie Kraus, Antje Engel, Hedwig von der Linde - Violine 2
Claudia Steeb, Antje Sabinski - Viola
Werner Matzke - Violoncello
Dane Roberts - Kontrabass
Gerald Hambitzer - Cembalo
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